Der Abzug von Zinsen als Betriebsausgaben unterliegt zunächst, wie alle anderen Betriebsausgaben, der Beurteilung nach dem Veranlassungsprinzip. Danach sind
Zinsen als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn sie betrieblich veranlasst sind. In der Regel muß für diese Beurteilung auf die betriebliche Veranlassung des die Zinsen auslösenden Kredits zurückgegriffen werden.
Entscheidende Bedeutung hat hierbei wiederum die Frage, wofür die durch die Kreditaufnahme zugeführten Mittel verwendet werden.
Der Große Senat des BFH hatte in seinem Urteil zu den so genannten Mehr-Konten-Modellen (BFH 08.12.1997 - GrS 1-2/95; BStBl 1998 II S. 193) die eher formale
Trennung von Konten als ausreichend angesehen hat, um bei der Finanzierung im Zwei- oder Mehr-Konten-Modell private Zinsaufwendungen in den betrieblichen Bereich zu verlagern. Mit dem StEntlG 1999/2000/2002 wurde
dann zunächst der Versuch unternommen, durch gesetzgeberische Maßnahmen entsprechenden Finanzierungsmodellen den Boden wieder zu entziehen. Die dazu eingeführte Regelung des § 4 Abs. 4a EStG zur Eindämmung des
Schuldzinsenabzugs bei Nutzung so genannter Mehr-Konten-Modelle stellte sich als praktisch nicht umsetzbar heraus. Durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 wurde daher diese Regelung vollkommen umgestaltet.
Die Neuregelung des § 4 Abs. 4a EStG ist erstmals für Wirtschaftsjahre anwendbar, die nach dem 31.12.1998 enden. Somit gilt die Neuregelung also ab dem
Kalenderjahr 1999, sofern das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Bei abweichendem Wirtschaftsjahr (Wj.) gilt das neue Recht erstmalig für Schuldzinsen des Wj. 98/99. Damit wird die erst durch das StEntlG
1999/2000/2002 eingeführte Regelung zum Schuldzinsenabzug "rückwirkend" in vollem Umfang ersetzt (§ 52 Abs. 11 EStG) und kommt in der ursprünglichen Fassung überhaupt nicht zur Anwendung.
Von der Abzugsbeschränkung betroffen sind Zinsen, die im Jahr 1999 bzw. im Wj 1998/1999 angefallen sind. Wann die Darlehnsaufnahme erfolgt ist spielt für die
Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG grundsätzlich keine Rolle. Von dieser Abzugsbeschränkung ausgenommen sind lediglich Zinsen für Investitionen in betriebliches Anlagevermögen und
ein gewisser Sockelbetrag an Zinsen, der immer zum Abzug zugelassen wird.
1. Grundsätze des § 4 Abs. 4a EStG
Im Grunde ist das Abzugsverbot für
entnahmebedingte Schuldzinsen im betrieblichen Bereich geblieben. Die bisherige liquiditätsbezogene Betrachtung, die das Abzugsverbot an die Entstehung bzw. Erhöhung eines Sollsaldos auf betrieblichen Konten
knüpfte, wurde aber völlig aufgegeben. Unabhängig von der tatsächlich vorhandenen Liquidität, knüpft das Abzugsverbot nach der Neuregelung im Grunde genommen daran an, ob eine Entnahme durch zuvor erwirtschaftete
Gewinne bzw. Einlagen finanziert werden kann.
Von dieser Betrachtung ausgenommen bleiben allerdings Zinsen für betriebliche Anlageinvestitionen und ein Sockelbetrag von 4.000 DM pro Jahr, bis zu dem
Zinsen immer als Betriebsausgaben abgezogen werden können.
Zur Feststellung des Zinsbetrages, der nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig ist, wird ab 1999 der Gesamtbetrag der so genannten "Überentnahmen"
ermittelt. Auf der Basis dieser Größe wird unter Zugrundelegung eines pauschalen Zinssatzes von 6 % der Höchstbetrag der nicht abzugsfähigen Zinsen berechnet.
2. Pauschale Berechnung der nicht abzugsfähigen Zinsen
Die nicht abzugsfähigen
Schuldzinsen werden, anders als nach der bisherigen Rechtslage, nicht durch eine auf der Zinsstaffelmethode basierenden aufwändigen Einzelermittlung festgestellt, sondern in einem pauschalierten Verfahren mit 6 %
der Überentnahmen bestimmt.
Berechnungsgrundlage für diese Ermittlung sind die Überentnahmen des laufenden Wj. zuzüglich der Überentnahmen der vorangegangenen Wj., die wiederum um die
Unterentnahmen der vorangegangenen Wj. zu kürzen sind.
Als Unterentnahmen definiert § 4 Abs. 4a EStG den Betrag, um den die Gewinne und Einlagen in den vorangegangenen Wj. die Entnahmen überstiegen haben.
Beispiel
Die Einzelfirma A wurde zum 1.1.01 gegründet. A hat unter Nutzung eines Mehr-Konten-Modells im Jahr 01 die Finanzierung seines
Einfamilienhauses umgeschuldet. Er erzielte in 01 einen Gewinn von 180.000 DM, tätigte Einlagen im Umfang von 20.000 DM und auf Grund der Umfinanzierung Entnahmen in der Größenordnung von 450.000 DM. Eine Korrektur
wegen im I. Quartal 02 gegenüber dem IV. Quartal 01 gegenläufiger Entnahmen/Einlagen (§ 4 Abs. 4a S. 3 EStG) kommt nicht in Betracht.
Lösung
Gewinn lt. Steuerbilanz 01 180.000 DM
+ Einlagen 01 20.000 DM - Entnahmen 01 450.000 DM
Überentnahmen 01 250.000 DM
Durch Überentnahmen verursachte Zinsen = 6 % v. 250.000 DM =-15.000 DM.
Der Betrag von 6 % der Überentnahmen stellt sozusagen den Höchstbetrag der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen dar. Dieser ist aber nicht gleich bedeutend mit
dem nicht abzugsfähigen Betrag. § 4 Abs. 4a EStG bestimmt vielmehr, dass ein Sockelbetrag von 4.000 DM Zinsen und solche Zinsen, die eindeutig auf die Finanzierung von Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entfallen, in jedem Fall abzugsfähig sind.
Die nicht abzugsfähigen Zinsen ergeben sich erst aus einem Vergleich des o. g. Höchstbetrags mit den tatsächlich angefallenen Schuldzinsen abzüglich der
Zinsen für betriebliche Investitionen in Anlagevermögen sowie der pauschalen 4.000 DM Sockelbetrag.
Es ergibt sich somit für die nicht abzugsfähigen Zinsen folgendes Berechnungsschema:
Tatsächlich als Betriebsausgaben angefallene Zinsen
- Zinsen für Investitionen in Anlagevermögen
- abzugsfähiger Sockelbetrag 4000 DM
bereinigter Zinsbetrag (ggf. 0 DM) Wert I
Überentnahmen x 6% =Wert II =
Ergebnis: nicht abzugsfähige Zinsen = niedrigerer Betrag von I und II
3. Über- oder Unterentnahmen der Vorjahre
In die typisierende Ermittlung der
nicht abzugsfähigen Zinsen werden nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelungen auch bereits vor dem 1.1.1999 angefallene Über- bzw. Unterentnahmen einbezogen. Damit soll wohl dem bereits der Vorgängerregelung zu
Grunde liegenden Gedanken Rechnung getragen werden, dass die Beschränkung zwar erst auf ab 1999 entstandene Zinsen anzuwenden ist, die Anwendung aber auch dann erfolgt, wenn die die Zinsen auslösende Kreditaufnahme
in der Vergangenheit lag.
Problematisch in diesem Zusammenhang ist die Frage, von welcher Basis an Über- bzw. Unterentnahmen zum 1.1.1999 auszugehen ist. Folgt man dem
Gesetzeswortlaut, müsste die Berechnung der Über- bzw. Unterentnahmen inklusive der Kompensationsregelung für das IV. und I. Quartal jedes Wirtschaftsjahres (§ 4 Abs. 4a EStG) seit Bestehen des Betriebes
nachvollzogen werden. Das würde insbesondere bei schon längere Zeit bestehenden Betrieben zu kaum zumutbaren Arbeitsbelastungen führen. Es liegt daher nahe, zunächst (aus Vereinfachungsgründen) von dem steuerlichen
Kapitalkonto zum Ende des letzten Wirtschaftsjahres auszugehen, das vor dem 01.01.1999 endet. Das Kapitalkonto repräsentiert nämlich regelmäßig den Saldo aus Entnahmen, Einlagen und Gewinn der Vergangenheit.
Beispiel
A hat seinen Betrieb am 1.5.1995 eröffnet (Wj = Kj). Er erzielte bisher folgende Gewinne:
1995 40.000 DM 1996 10.000 DM 1997 80.000 DM 1998110.000 DM 1999100.000 DM
Das Kapitalkonto per 31.12.1998 betrug 60.000 DM. A hat
1999 Entnahmen von 120.000 DM und Einlagen von 12.000 DM getätigt.
Lösung:
Kapital per 31.12.1998 60.000 DM
= Saldo der Unterentnahmen zum 1.1.99 60.000 DM
+ Einlagen 1999 12.000 DM
- Entnahmen 1999 120.000 DM
Summe der Über- und Unterentnahmen - 48.000 DM
Die maßgeblichen Überentnahmen 1999 betragen 48.000 DM. Von den in 1999 gezahlten betrieblichen Zinsen bleiben auf Grund § 4 Abs. 4a EStG (vorbehaltlich
Sockelbetrag und Zinsen auf betriebliche Investitionen) max. 6 % v. 48.000 DM = 2.880 DM nicht abzugsfähig.
Eine weitere bislang nicht abschließend geklärte Frage ergibt sich hinsichtlich der Berücksichtigung von in der Vergangenheit angefallenen Verlusten. Folgt
man der zur grundsätzlichen Berechnung der Überentnahmen in Verlustjahren vertretenen These, daß Verluste bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben, so beruht eine eventuelle Minderung des Kapitalkontos, sofern
sie durch Verluste herbeigeführt wurde, nicht auf Überentnahmen. Entsprechende Verluste der Vergangenheit müssten daher wohl dem Kapitalkonto per 1.1.99 zumindest insoweit wieder hinzugerechnet werden, als ihre
Entstehung in der Vergangenheit nachgewiesen werden kann, bevor die auf Überentnahmen beruhenden Zinsen ermittelt werden.
Beispiel
A hat seinen Betrieb am 1.5.1995 eröffnet (Wj = Kj). Er erzielte bisher folgende Gewinne: 1995- 40.000 DM 1996- 10.000 DM
1997 80.000 DM 1998 110.000 DM 1999 100.000 DM
Das Kapitalkonto per 31.12.1998 betrug -100.000 DM. A hat 1999 Entnahmen von 20.000 DM und Einlagen von 30.000 DM getätigt. Der Lebensunterhalt und
die Einlagen wurden im Wesentlichen aus den Einkünften des Ehegatten bestritten.
Lösung
Kapital per 31.12.1998 - 100.000 DM
zzgl. Verluste 1995 und 1996 50.000 DM Überentnahmen zum 1.1.99 - 50.000 DM
+ Einlagen 1999 30.000 DM
- Entnahmen 1999 20.000 DM
Summe - 40.000 DM
Die Summe aus Überentnahmen und Unterentnahmen
1999 beträgt 40.000 DM. Von den in 1999 gezahlten betrieblichen Zinsen bleiben auf Grund § 4 Abs. 4a EStG (vorbehaltlich Sockelbetrag und Zinsen auf betriebliche Investitionen) max. 6 % v. 40.000 DM = 2.400 DM nicht
abzugsfähig.
Diese Lösung dürfte der gesetzlichen Intention entsprechen, Zinsen auch dann nicht zum Abzug zuzulassen, wenn die den Kapitalbedarf auslösenden Überentnahmen
bereits in der Vergangenheit angefallen waren.
Soweit unter Hinweis auf den Wortlaut des § 4 Abs. 4a S. 1 EStG die Auffassung vertreten wird, die Vorschrift sei in diesem Fall nicht anwendbar, weil im zu
beurteilenden Wj keine Überentnahmen angefallen sind, ist diese Ansicht wohl nicht zwingend. S. 1 regelt zwar, dass Schuldzinsen nach S. 2-5- nicht abziehbar sind, wenn Überentnahmen getätigt worden sind, der
Wortlaut lässt aber nicht absolut zwingend den Schluss zu, dass diese Überentnahmen auch in dem jeweiligen Wj angefallen sein müssen. Der Gesetzeswortlaut kann vielmehr auch so verstanden werden, dass unabhängig vom
"wann" "überhaupt" Überentnahmen vorgelegen haben.
§ 4 Abs. 4a EStG stellt einen Sonderfall des § 4 Abs. 4 EStG dar. Die dadurch vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossenen Schuldzinsen stellen selbst keine
Entnahmen, sondern nicht abzugsfähige Betriebsausgaben dar, die außerhalb der Gewinnermittlung dem Gewinn hinzugerechnet werden müssen.
Beispiel
Die Praxis des Architekten A weist zum 1.1.1999
ein Kapitalkonto von 80.000 DM aus. A hatte in den Jahren seit Bestehen des Unternehmens regelmäßig mehr oder weniger hohe Gewinne erzielt. Im Laufe des Jahres 1999 hat A unter Nutzung eines Mehrkontenmodells die
Finanzierung seines Einfamilienhauses umgeschuldet. Er erzielte in 1999 einen Gewinn von 100.000 DM, tätigte Einlagen im Umfang von 20.000 DM und auf Grund der Umfinanzierung Entnahmen in der Größenordnung von
450.000 DM. Eine Korrektur wegen im I. Quartal 2000 gegenüber dem IV. Quartal 1999 gegenläufiger Entnahmen/Einlagen (§ 4 Abs. 4a S. 3 EStG) kommt nicht in Betracht.
Für die Verbindlichkeiten im Betrieb fallen
1999 insgesamt 48.000 DM an Zinsen an. Davon entfallen 32.000 DM auf die Darlehn zur Finanzierung des Fabrikationsgebäudes.
Lösung
Kapital zum 1.1.1999 80.000 DM
Gewinn lt. Steuerbilanz 1999 100.000 DM
+ Einlagen 1999 20.000 DM
- Entnahmen 1999 450.000 DM Überentnahmen 1999 330.000 DM 330.000 DM
Saldo der Überentnahmen per 31.12.1999 (Bemessungsgrundlage) 250.000 DM
Zinsen insgesamt 48.000 DM - Zinsen für Investitionsdarlehn
Fabrikgebäude 32.000 DM
- Sockelbetrag 4.000 DM
bereinigter Zinsbetrag 12.000 DM
Zinsen auf Überentnahmen (250.000 DM x 6 %) 15.000 DM
1999 sind 12.000 DM Zinsen nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähig.
Hinweis
Da sich die außerbilanzielle Hinzurechnung ihrerseits wiederum auf die Bemessungsgrundlage für die Überentnahmen auswirkt, muss der nicht
abzugsfähige Zinsbetrag zumindest dann durch interpolieren ermittelt werden, wenn der nicht abzugsfähige Zins durch den Höchstbetrag auf Grund der Ermittlung anhand der Überentnahmen bestimmt wird. Es entsteht quasi
ein Kreislauf, weil ein Faktor immer den anderen bedingt. Ein vergleichbares Problem ergibt sich bei gewerbesteuerpflichtigen Betrieben durch die Auswirkung der außerbilanziellen Zurechnung auf die
Gewerbesteuerrückstellung.
4. Anwendung der Regelung im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3EStG
Die
Regelungen zum Schuldzinsenabzug sind für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sinngemäß anzuwenden (§ 4 Abs. 4a S. 7 EStG). Zu diesem Zweck wurde ausdrücklich festgelegt, dass bei der Gewinnermittlung durch
Einnahme-/Überschussrechnung Entnahmen und Einlagen ab 1.1.2000 gesondert aufzuzeichnen sind.
Werden entsprechende Aufzeichnungen nicht geführt, dürfte es nach den allgemeinen Regeln zur Feststellungslast zumindest insoweit zu einer Versagung des
Schuldzinsenabzugs kommen, als die Zinsen nicht betriebliche Investitionen in Anlagevermögen betreffen und die danach verbleibenden Zinsen den Sockelbetrag von 4.000 DM übersteigen.
Um diese Aufzeichnungen i.S.d. S. 7 zu erleichtern, sollten bei "§ 4 Abs. 3 - Gewinnermittlern" die betrieblichen Zahlungskreisläufe von den
privaten strickt getrennt werden.
Ein Problem dürfte mangels zuvor geführter Aufzeichnungen bei der Feststellung eventueller Über- bzw. Unterentnahmen der Jahre 1999 und früher bestehen. Daher
ist fraglich, ob diese in die Berechnung einbezogen werden (können) und eine Anwendung der Abzugsbeschränkung bei Fällen des § 4 Abs. 3 EStG vor dem Jahr 2000 überhaupt greift.
Kommt man bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG tatsächlich zu dem Schluss, dass eine Anwendung vor dem 1.1.2000 an der fehlenden
Aufzeichnungsverplichtung scheitert und aus der Zeit vor dem 1.1.2000 - z.B. aus der Anwendung von Mehrkontenmodellen - resultierende Überentnahmen aus denselben praktischen Problemen heraus nicht berücksichtigt
werden können, ergibt sich eine wohl kaum zu vertretende Begünstigung bestimmter Steuerpflichtiger.
Ob dies - wie z. B. bei der Möglichkeit zur Bildung gewillkürten Betriebsvermögens - allein aus den Systemunterschieden zwischen der Gewinnermittlung nach §§
4 Abs. 1 u. 5 EStG und § 4 Abs. 3 EStG heraus ausreichend begründet werden kann, dürfte zumindest zweifelhaft sein, da sich hier massive Unterschiede im Gesamtgewinn ergeben.
5. Personengesellschaften
Die Neuregelung des Schuldzinsenabzugs ist auch bei
Personengesellschaften und anderen Mitunternehmerschaften anzuwenden. Zweifelhaft ist hier aber schon, ob die Regelung gesellschaftsbezogen oder gesellschafterbezogen ist. Es muss wohl auf die Gewinnermittlung der
Gesellschaft insgesamt abgestellt werden, da die Abzugsbeschränkung in die grundlegenden Gewinnermittlungsvorschriften aufgenommen ist. Die Ermittlung eventueller Über- bzw. Unterentnahmen erfolgt somit
gesellschaftsbe- zogen und nicht gesellschafterbezogen. Dabei müssen Ergänzungsbilanzen und Sonderbilanzen in die Ermittlungen einbezogen werden.
Überentnahmen eines Gesellschafters müssten danach durch Unterentnahmen anderer Gesellschafter ausgeglichen werden können.
Vergütungen i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (Tätigkeitsvergütungen, Mieten, Zinsen etc.) stellen, soweit sie nicht nur dem Kapitalkonto gutgeschrieben,
sondern tatsächlich ausgezahlt werden, Entnahmen dar.
Diese Auffassung ist nach ersten Reaktionen im Schrifttum aber nicht unumstritten und bedarf, ebenso wie eine Reihe anderer Zweifelsfragen, dringend einer
kurzfristigen Klarstellung.
6. Betriebliche oder private Veranlassung der Zinsen
Unabhängig von der in § 4
Abs. 4a EStG nunmehr geregelten Abzugsbeschränkung für Schuldzinsen muss wohl zunächst weiterhin geklärt werden, ob Zinsen bereits dem Grunde nach betrieblich veranlasst sind. Liegt eine private Veranlassung vor,
scheitert der Schuldzinsenabzug bereits an § 4 Abs. 5 Nr. 7 i.V.m. § 12 EStG.
Nur, soweit eine grundsätzlich betriebliche Veranlassung, z. B. auf Grund einer Finanzierung in einem von der Rechtsprechung
anerkannten Mehr-Konten-Modell vorliegt, greift § 4 Abs. 4a EStG.
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